Hallo, ich bin Judith

Vor über 15 Jahren habe ich etwas erlebt, von dem ich dachte, dass es mir niemals passieren könnte. Ich war über ein Jahr lang „freiwillig“ Mitglied einer Gemeinschaft, die sich als geistlicher Ort der Geborgenheit präsentierte – aber in Wahrheit missbräuchlich war. Damals war ich überzeugt: Mir passiert so etwas nicht! Ich bin doch selbstständig, reflektiert, kritisch. Und doch geschah es. Rückblickend verstehe ich, warum ich in diese Dynamik geraten bin. Ich war in einer Übergangssituation in meinem Leben, voller Fragen und auf der Suche nach Orientierung und meinem Platz. Was ich fand, waren Strukturen, die Manipulation und Kontrolle ausübten, und ich merkte erst viel später, wie sehr sie mich geprägt hatten. Nach meinem Ausstieg fühlte ich mich verloren. Schuldgefühle wechselten sich mit Panikattacken ab, besonders, wenn ich wieder in die Nähe einer Gemeinde kam. Ich verstand nicht, was mit mir los war – bis ich begriff, dass es die Folgen der Gedankenkontrolle waren, die ich erlebt hatte. Plötzlich ergab alles Sinn, und ich erkannte, dass es vielen Menschen genauso geht, die sich aus missbräuchlichen Gemeinschaften lösen. Damals hätte ich alles dafür gegeben, jemanden zu haben, der mir zeigt, dass ich nicht allein bin. Ein Ort, an dem ich im Internet Wissen, Austausch und Unterstützung finden könnte. Leider gab es so etwas nicht – und genau deshalb möchte ich heute für andere da sein. Mit diesem Kongress will ich Betroffenen eine Plattform bieten, um Antworten zu finden, Heilung zu beginnen und einen Weg zurück in die Freiheit zu gehen. Heute bin ich nicht mehr die Person, die ich damals war. Ich habe meinen Platz im Leben gefunden. Ich bin verheiratet mit einem wundervollen Mann, Mutter von zwei einzigartigen Kindern und seit über 15 Jahren Lehrerin für Englisch und Sport an einer Gesamtschule. Mein Leben ist erfüllt, aber es war ein langer Weg bis hierhin. Mit diesem Kongress möchte ich all denen Hoffnung geben, die jetzt an einem Punkt stehen, an dem ich mich vor vielen Jahren befand. Es gibt einen Weg aus geistlichem Missbrauch – und du bist nicht allein.